Feminismus und Weiblichkeit -

Ein Psychiater fordert ein neues Denken

Ist erschienen in: TW Gynäkologie 3 (1990), S. 378-382

 

Ein Psychiater fordert ein neues Denken

Das Thema Weiblichkeit und Frauenemanzipation spannt einen weiten Bogen in uns. Er reicht von der rein persönlichen Auffassung über den Kulturbereich bis zur biologischen Bestimmung von Mann und Frau.


Der Begriff "Weiblichkeit"

Zur Weiblichkeit gehören Begriffe wie: Liebe, Zärtlichkeit, Hingabe, Gebären, Sorgen, Nähren, auch rund, sanft, schön und lieblich. Dieses sind Eigenschaften der guten Mutter. Die gute Mutter wird jedoch zu einer furchtbaren, zu einer verschlingenden Mutter, wenn sie ihre Kinder zu sehr festhält, wenn sie diese verzaubert, krank macht oder gar in den Tod führt.

In diesem Zwiespalt, den mehr oder weniger jede Mutter in sich trägt, auch jeder Vater, sofern er sich um seine Kinder kümmert, wachsen wir alle auf. Während der eine Mütterlichkeit erfährt, die seine Identität und Grenzen achtet, hat der andere vielleicht eine Mutter, die aus Schuldgefühlen oder aus einer angstneurotischen Haltung heraus sich zu sehr an ihr Kind klammert. Was sind aber die Folgen einer Erziehung, die die Identität eines Mädchens nicht achtet?

Auch Feministinnen und Frauen, die sich betont emanzipiert und selbständig verhalten, suchen den Psychiater auf, um zu ihrer Identität zu finden. Häufig zeigt sich neben einem kindlich-trotzigen, überheblichen und zugleich unsicheren Verhalten eine tiefe Bindung an die Familie, insbesondere an die Mutter. Im Vordergrund der Psychotherapie stehen zunächst Partnerschaftskonflikte, die sich infolge erhöhter Kränkbarkeit und Wut bei ungelöster Symbiose entwickelt haben (2).


Emanzipation: Konflikte bei der Lösung vom Elternhaus

Emanzipation bedeutet den Ausgang des Menschen aus seiner Unmündigkeit und Abhängigkeit. Der Loslösungsprozeß vom Elternhaus, der in der Pubertät verstärkt einsetzt, ist mit Trauer, Depressivität und Aggressivität verbunden. Die Abwehr dieser Gefühle sowie erhebliche Schuldgefühle verhindern nicht selten die Emanzipation vom Elternhaus und führen z.B. in den Fanatismus oder in die Ideologisierung.

Lesen wir die zahlreiche Literatur der Frauenbewegung, so schlägt uns nicht selten ein ungebrochener Haß entgegen. Neid und Mißgunst begegnen uns. Das Männliche wird abgewertet, abgelehnt, mit dem absolut Bösen verglichen und auch verteufelt. Das Lesen feministischer Literatur hinterläßt Depression und ein Gefühl der Leere und Ratlosigkeit. Ein positives Ziel ist nur selten anzutreffen. Weibliche Werte wie Hingabe, Gemüthaftigkeit, Geduld, Sanftmut und Wärme sind bei den Feministinnen kaum auszumachen.


Wie kommt es zur Ablehnung der eigenen Weiblichkeit?

Einen Einblick in die Psychodynamik der Feministin Judith Offenbach gewährt das Buch "Sonja". Es stellt einen autobiographischen Abschnitt aus ihrem Leben dar und ist unter ihrem Pseudonym Judith Offenbach erschienen (4). Das Buch handelt von unglücklicher Liebe zu anderen Frauen, von denen Judith innige Nähe und Liebe erwartet. Im Vordergrund steht die Haß-Liebe zu ihrer Freundin Sonja. Sonja begeht mehrfache Selbstmordversuche, unfähig, sich von ihrem verschlingenden Mutterbild zu lösen. Beide Frauen hatten unter einer identitätszerstörenden, grenzüberschreitenden und depressiv-strengen Mutter gelitten. Sie hatten sich nicht von dieser Mutter-Imago gelöst, sondern waren in ihr verhaftet geblieben. Judith und Sonja gehen eine tiefe, pathologische Symbiose ein.


Das Bild einer omnipotenten Mutter...

Fixierung in einer frühen Mutter-Kind-Beziehung, die mangelnde Individuation und Loslösung von der Mutter können bei einem gleichzeitig enttäuschenden Vaterbild Homosexualität, eine Ablehnung der eigenen Weiblichkeit und eine fehlende Erlaubnis zu weiblichen Werten zur Folge haben.

Die homosexuelle Ausrichtung von Judith Offenbach ist einerseits in der Loyalität ihrer Mutter gegenüber begründet, die ihr nicht den Weg in eine eigene Familie erlaubt. Andererseits führen verdrängter Haß und Identifikation mit dem Aggressor zu Homosexualität (8, 10). Die Autobiographin selbst schreibt hierzu: "Wie ich es schon immer mit meinen Rivalinnen gemacht habe: statt sie zu bekämpfen, verliebe ich mich in sie. Demütige Anbietung ist mir leichter gefallen als Aggression. Ich konnte Wellensittiche quälen, aber mehr noch nicht"(4).

Heutzutage glaubt sie als Feministin, in ihrer Phantasie die Männer "quälen" zu müssen. Sie neidet den Männern die Kraft und Stärke, ohne zu merken, daß sie sich zuallererst ihrer Mutter unterlegen und minderwertig fühlt. Immer noch ist sie mit dem allmächtigen mütterlichen Objekt identifiziert und sucht dessen Nähe.

Ihre Mutter hatte ihre Seele vergiftet, wie sie es selber nennt: "Wehe mir, wenn meine Mutter wieder in meiner Seele fußfassen sollte. Ich muß dieses Gift jedesmal entschlossen ausspeien, sollte es wieder einmal bis in meinen Mund gelangen"(4).

 

...auf das Patriarchat projiziert

Judith Offenbach kann sich aus der sadomasochistischen Verstrickung mit ihrer Freundin genauso wenig trennen, wie sie sich bisher von ihrer Mutter-Imago gelöst hat: "Sie hat mir wirklich fast immer nur geschadet. Sie hat immer gerade dann, wenn es für mich sowieso am schwierigsten war, die Dinge noch schwieriger gemacht, noch komplizierter, noch entsetzlicher gemacht"(4). Der ursprünglich gegen ihre Mutter gerichtete Haß war so elementar und mit Schuldgefühlen verbunden, daß er dem Abwehrmechanismus der Projektion unterlag.

Bei den Feministinnen wird das Bild der omnipotenten Mutter auf das sogenannte Patriarchat projiziert.


"Das Deutsche als Männersprache"

In dem Buch "Das Deutsche als Männersprache" kommt die archaische Wut der Autorin Pusch in einer affektgeladenen Sprache klar zum Ausdruck: "Nächtelang war ich wütend über vergewaltigende und prügelnde Ehemänner, über die systematische Benachteiligung der Frau im Beruf, über den alltäglichen Sexismus in den Büchern und in den Medien"(6).

Den Grund ihrer Identitätsstörung, den eine überstrenge Mutter und auch ihr streng gläubiger Vater in der Kindheit gelegt hatten, verkennt sie und sieht ihn jetzt in einer "männlichen Sprache": "Wir alle werden durch derartige Akte des Ignorierens permanent in unserer Identität beschädigt"(6).

Die Verletzung der Identität hat jedoch auf eklatante Weise in der Kindheit stattgefunden. Frau Pusch hat ihren Haß gegen die verschlingende Mutter verdrängt, so daß er sich den Weg in den fanatischen Feminismus gebahnt hat: "Penetrant in der Tat ist für uns Frauen diese Männersprache und überhaupt alles"(6). Die Grandiosität – Zeichen einer persistierenden symbiotischen Mutterbindung und einer narzißtischen Störung – ist an den dreifachen Verallgemeinerungen zu erkennen, die sie in diesem Satz benutzt. Penetrant ist jedoch nicht die Sprache, sondern hier wird die sexuelle Ebene auf die Sprachebene verschoben. Die Linguistin hat Angst vor der Liebe eines Mannes und fürchtet, mit ihr in Berührung zu kommen.

Eine Jahrtausende alte Sprache aus einer kindlich erlebten Ohnmacht heraus plötzlich verändern zu wollen und eigene Sprachkonstruktionen an die Stelle setzen zu wollen, etwas derartiges kann sich nur ein narzißtisch gestörtes Selbst ausdenken. Die Angst vor der Penetration, die Angst vor der Herrschaft des Männlichen ist ursprünglich die Angst vor einer omnipotenten Mutter.


Die Dämonisierung des Mannes

Besonders deutlich zeichnet die Feministin ihren Haß auf die männliche Sexualität in dem Buch "Feminismus – Inspektion der Herrenkultur": "Immer mehr Frauen begreifen ihre Heterosexualität als das, was es ist: Resultat einer permanenten Dressur und Gehirnwäsche, an ihnen vollzogen, ausschließlich im Interesse des Mannes"(5). Die fanatische Besessenheit von einer einzigen Idee, daß das Patriarchat die Wurzel allen Übels sei, ist hier eindrücklich zu erkennen.

Nicht nur bestimmte Männer sind als Frauenhasser zu bezeichne, sondern, wie das Studium der feministischen Literatur zeigt, auch Frauen wie Judith Offenbach hassen das Gegengeschlecht. Judith ist aber eine Frau, die, wie das alte Testament berichtet, einen Feldherren namens Holofernes durch ihre Schönheit berückte und ihm, als er des Nachts berauscht auf seinem Lager lag, mit seinem eigenen Schwert das Haupt abschlug(1).


Ideologisierter Feminismus – ideologisierte Homosexualität

Nicht selten ist bei neurotischen Störungen und auch bei Feministinnen das Vaterbild blaß und negativ besetzt. Bei der Unfähigkeit der Väter, sich abzugrenzen, ihre eigene Identität zu wahren und zu behaupten, gelang es ihnen nicht, ihre Töchter vor dem regressiven Sog der Mütter zu bewahren. Auf ihrem mühsamen Weg, sich hiervon zu befreien, fanden diese zum ideologisierten Feminismus und zu einer ideologisierten Homosexualität.

Am Beispiel von Judith Offenbach offenbart sich eine ideologisch gerechtfertigte "regressive, präödipale Sexualität mit ihren promiskuiven, polymorph-perversen Vorformen", wie sie Speidel in seinem Artikel "Auf dem Weg zur präödipalen Gesellschaft" beschreibt(9).

Autonomie ist nicht dadurch zu erreichen, daß man Sprachstrukturen verändert, sondern nur indem man sich mit seinem Unbewußten beschäftigt, die Welt der Träume erfährt und sich hier den Konflikten stellt. Weibliche sogenannte sensible Werte werden nicht verwirklicht, wenn versucht wird, sie ideologisch-fanatisch und haßerfüllt durchzusetzen. Die Allmacht des Wortes, der Gedanken und der philosophischen Systeme läßt die real erfahrene Ohnmacht in der Kindheit nicht mehr so sehr spüren. Der Kampf der Geschlechter wird nicht mehr in den Ehen vollzogen, sondern die Ehen werden geschieden. Man zieht sich zurück, man kämpft mit heruntergelassenem Visier gegeneinander in der Politik, in den Ministerien.

Wir stellen fest, daß die Ablehnung der eigenen Weiblichkeit ihren Ursprung auch in einer negativ erlebten Mütterlichkeit hat. Andererseits kann die Ablehnung der Mutter eine verstärkte Identifikation mit dem Vater herbeiführen. Die Konflikte gleichen sich jedoch: die Angst vor Nähe, die Angst vor elementaren Aggressionen, der Ekel als Abwehr von Nähe und Sexualität sind jeweils ausgeprägt.


Die Verabscheuung des Weiblich-Mütterlichen: Ein Zeitphänomen

Das Verhältnis der Feministinnen zur Weiblichkeit ist als verkrampft zu bezeichnen. Das Erreichen einer gekünstelten Autonomie geht auf Kosten der weiblichen Funktionen und des Familienlebens. Das Gründen einer eigenen Familie wird verhindert durch Kinderlosigkeit, durch einen pathologischen Narzißmus oder durch Homosexualität.

Über ihre Weiblichkeit schreibt Judith Offenbach: "Meine Eierstöcke interessieren mich wahrhaftig einen Dreck"(4). Sie hat diesen Satz zwar als Botschaft an ihre Freundin verstehen wollen, dennoch gibt er einen Einblick in die Vorstellung ihres weiblichen Selbst. Ihr fehlt die Erlaubnis, eine erwachsene Frau zu werden und ihre Weiblichkeit auszuleben.

Die Ablehnung des Weiblichen ist ein Zeitphänomen, das sich auch in den Krankheitsbildern der Bulimie und der Magersucht manifestiert. Die Verabscheuung des Weiblich-Mütterlichen in sich selbst hat eine Überbetonung der männlichen Seiten zur Folge: Leistung, Intellektualität, der Sieg über das Gemüt- und Triebhafte, die Angst vor Abhängigkeit lassen viele emanzipierte Frauen selbst hart und überaktiv werden, ohne daß sie sich dessen bewußt sind.

Der Mann erhält bei den Feministinnen dämonische Züge. Menschliches wird von ihm abgespalten und verdrängt. Es entsteht das Bild des absolut bösen Mannes, der gefürchtet und daher bekämpft wird. Begehen Frauen hier nicht das gleiche Unrecht, das ihnen von Männern angetan worden ist?

Ist denn das Leben des Mannes in Hektik und Ganztagsbeschäftigung so erstrebenswert, daß Frauen ihm nacheifern müssen? Ist es nicht auch schön, das Lächeln eines Kindes nicht nur abends zu sehen, sondern auch tagsüber und mit ihm seine Sorgen und Nöte, auch seine Entwicklungsschritte und seine Freuden zu teilen? Natürlich nicht in einer erstickenden Mutter-Kind-Beziehung, in der der Vater den ganzen Tag über fort ist. Versuchen nicht viele Mütter, aus dieser Enge in die Berufswelt des Mannes zu flüchten, damit sie Erlaubnis erhalten, sich wenigstens hier erwachsen zu fühlen?

Frau- und Muttersein bedeutet, sich mit einem fordernden Kind auseinanderzusetzen, sich abzugrenzen, nachzugeben und Ärger und Liebe zu zeigen. Diejenige, die Angst hat, sich mit einem verschlingenden Wesen einzulassen, diejenige, die Angst hat, sich abzugrenzen, die Angst hat zu geben und zu nähren, wird Minderwertigkeitsgefühle haben, wird unter Depressivität leiden, unter psychosomatischen Symptomen und Partnerschaftsschwierigkeiten. Ihre archaische Wut richtet sie gegen sich oder gegen andere. Es wird dem Mann in einer derartigen Ehe nicht nachgegeben. Um jeden Zentimeter, um jeden Millimeter wird gekämpft, weil der Ehepartner mit der allmächtigen Mutter verwechselt wird und diese eine Hinwendung zum Partner verhindert.


Die Macht der Frau

Viele Frauen, die sich emanzipiert nennen, übersehen aber, daß ihnen eine Fülle von Macht seit alters her gegeben ist. Sie sind weit mehr als der Mann die Spenderin des menschlichen Lebens. Doch auch in anderen Bereichen des Privaten üben sie eine erhebliche Macht aus.

Die Herrschaftsverhältnisse der Frauen sind subtiler und daher weniger durchschaubar. Die Mutter als Göttin Kali begegnet uns seit Jahrtausenden. Sie verschlingt Jungen wie Mädchen. Macht und Herrschaft üben Frauen durch Krankheit aus; durch Leiden und Jammern, durch Schuldgefühle, die sie in ihren Kindern erzeugen. Macht üben Frauen aus, wenn sie sich dem Manne verweigern durch Entzug der Sexualität. Macht-, Kontroll- und Abwertungsmechanismen treffen Mann und Kinder. Sie sind außerordentlich verletzend, manchmal subtil, zahlreich und vergiftend.

Die größte Herrschaft über den Mann hat die Frau inne durch ihr Wesen als Frau. Es ist für den Mann sehr schwer, einer Frau zu widerstehen, die ihn verführen will. Odysseus gelang es nur mit List und Tücke, den Sirenen und auch der Circe zu entkommen. Viele Dichter und Schriftsteller haben die Kraft und die Schönheit, den Lockruf des Weibes, ihre Verführungskünste und ihre Machtausübung über den Mann dargestellt.


Befreiung von familiärer Bindungsgewalt

Beide Geschlechter sollten es lernen, sich aus familiärer Bindung zu befreien, sich von allmächtigen Vater- und Mutterfiguren zu lösen und in Liebe aufeinander zuzugehen. Es ist zu fordern, daß die Mütter sich freimachen von einer übergroßen Opferbereitschaft, von einem Perfektionismus in Bezug auf ihr Über-Ich-Ideal, damit sie nicht selber zu einer furchtbaren Mutter werden. Andererseits sollten sie sich nicht nur allein der Vernunft und der Rationalität verschreiben, damit sie sich nicht zu weit aus dem mütterlich-weiblichen Bereich entfernen.

Das Verächtlichmachen des Mutterdaseins und die Abwertung des Hausfrauenberufes sollten aufhören. Es geht nicht an, daß viele Frauen sagen: "Ich bin nur Hausfrau, ich bin nur Mutter." Es sind gesellschaftliche Strukturen zu fordern, die eine Zufriedenheit im mütterlichen Dasein erlauben. Eine Mutter muß in der Lage sein, sich wieder wohlzufühlen und zu sagen: "Ich bin gerne Mutter."

Hierzu gehört zum einen eine zufriedenstellende finanzielle Versorgung, für die auch der Staat eintreten sollte. Es ist nicht einzusehen, wieso in unserer Welt jegliche Arbeit entlohnt wird, nicht jedoch das Aufziehen und Versorgen von Kindern. Andererseits kann man ohne Abhängigkeiten nicht leben. Der Mensch ist auf Gegenseitigkeit angewiesen, auf Vertrauen und Liebe. Soll Abhängigkeit aber nicht in psychosomatische Krankheit führen, in die Depression, so muß sie mit der Fähigkeit gepaart sein, sich abzugrenzen und zu streiten.

Die Karriere einer Mutter kann auch nach Beendigung der Kindererziehung oder der Fruchtbarkeitsperiode beginnen. Dann wird sie kein schlechtes Gewissen haben gegenüber ihren Kindern, dann wird sie frei sein von Streß und Überbeanspruchung. Es gibt andere Mechanismen, familiärer Enge zu entweichen und ein Familienleben interessant und aktiv zu gestalten als die Wahl einer Karriere. Es ist zu fordern, daß Arbeitsplatzgarantien ohne zeitliche Begrenzungen gewährleistet werden. Es sind mehr Halbtagsstellen einzurichten, damit Mütter und Väter sich in einem gesünderen Ausmaß gleichermaßen um die Kinder kümmern können.


Formen der Selbstverwirklichung

Viele Feministinnen fordern völlige Gleichheit der Frau dem Manne gegenüber, auch auf dem beruflichen Feld.

Findet hier nicht genauso eine Flucht aus Angst vor Nähe und Verantwortung statt, wie es der Mann bisher getan hat? Frauen können auch von sich aus Selbstbewußtsein entwickeln, ohne sich an Männern zu orientieren. Hier definiert sich die Frau allein durch das Tun des Mannes. Was ist sie denn von sich aus? Die Frau entfremdet sich immer weiter von sich selbst, von ihrer Weiblichkeit, um in der Ratio und der Machtbesessenheit über seelische und körperliche Funktionen steckenzubleiben.

Die Identität einer Frau ist vor allem durch ihre Fruchtbarkeit geprägt. Um diesen zentralen Punkt der Weiblichkeit sollte sich für eine gewisse Zeitspanne alles andere kristallisieren. Nach der beruflichen Ausbildung, sei sie auch noch so qualifiziert, kommt für die Frau die Zeit, in der sie sich ganz der Familie widmen sollte.

Neben der Aufwertung des Mutterseins und der Weiblichkeit muß die Möglichkeit bestehen, daß Frauen, die sich gegen den Beruf der Mutter entscheiden, einen freien und ungehinderten Zugang zu den erwünschten Berufen haben, allein ihrer Qualifikation entsprechend.

Anders sieht es die Feministin Sichtermann: "Aus dem Feld schlagen müssen wir die Männer woanders – im Berufs- und öffentlichen Leben. Da wäre mir jede List, auch ein Betrug recht, da ist jeder Zentimeter Terrain ein Sieg, da geht es nicht ohne Verdrängungskonkurrenz..."(7).

Mögen die Frauen, die wollen, sich frei und ungehindert in der Karriere selbstverwirklichen. Es mögen sich aber vor allem die Frauen, die sich dazu entscheiden, Mutter zu sein, gleichfalls wohlfühlen.

Selbstverwirklichung der Frau heißt: die Frau kann sich in ihrer Weiblichkeit annehmen, sie hat ihre Identität als Frau gefunden, auch in ihrem Beruf als Mutter. Sie hat sich in ihren elementaren Bedürfnissen verwirklicht, sie hat gelernt, sich zu wehren, sich abzugrenzen und sich hinzugeben, wenn sie möchte. Sie hat sich aus dem Unbewußten befreit, aus dem Nebel des Mütterlichen, auch sie ist kämpferisch dem Schoß der Mütter entstiegen. Sie ist eine gute Gemahlin, Hausfrau, Mutter und Karrierefrau.

Die emanzipierte Frau kann androgyn sein: sie ist stark, weich, liebevoll und streitbar. Sie hat erkannt, daß das Leben als Frau in der Ehe ein großes Spannungsfeld ist, das es zu gestalten und auszuhalten gilt, auch nach den Gesetzen der Natur.


Literatur bei Verfasser

 

Nach einem Vortrag im Kieler Yachtclub am 25.10.1989.


 

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